Mittwoch, 21. April 2010

Korsika 2010

Korsika nun also – DAS europäische Frühjahrs-Paddelziel, dem der Ruf vorauseilt, bei 9 von 10 Besuchen kein Wasser in den Bächen zu haben… nun ja, wir freuen uns trotzdem wie die Schneekönige auf Mittelmeer, Sonne und Frühjahr als wir am Sonntag vor Ostern am Nachmittag von Lindau aus losrollten mit Etappenziel Livorno. Und wir beschlossen, auch über wenig Wasser froh zu sein, schließlich kannten wir viele Bäche noch nicht und hatten auch unsere Youngster mit dabei, ein bisschen weniger Wasserdruck wäre also vielleicht gar nicht so schlecht!

Zu siebt starteten wir – und um das gleich vorwegzunehmen, auch sieben Leute inkl. der Quotenfrau kehrten in einem Stück wieder heil zurück – in drei Autos, darunter natürlich der schönste Bus der Welt, das neue silberne Schmuckstück mit einem exorbitant-geilen-Superdachträger sowie Matthias Renault, der sich als einziger Franzose ja eigentlich so richtig wohlfühlen müsste im Mutterland – seine geringe Bodenfreiheit und die korsischen Straßen konnten sich aber bis zum Schluss nicht so recht füreinander erwärmen.

Nach einer lauten und kurzen Nacht am Fährhafen von Livorno dann endlich am Morgen auf die Fähre und am Mittag Sicht auf das ersehnte Urlaubsziel! Kaum angekommen wurde dann auch gleich der Asco unters PE genommen - bis auf einige schöne Einzelstellen die aber auch durch mehr Wasser sauberer geworden wären stellte sich dieser als eine ziemliche Materialschlacht heraus und bildete daher einen guten Vorgeschmack auf trockene korsische Flüsse. Trocken war hingegen unser Spielbootfahrer nach seinem Rücklauf-Krauler nicht mehr – danke an dieser Stelle noch für die Gelegenheit zum Wurfsack-Training!
Am Abend probierten wir dann erstmals das aus, was wir eigentlich die ganze erste Hälfte des Urlaubs machten – im Dunklen ankommen und essen. Später schaffen wir es dann irgendwie unseren Tagesablauf zu optimieren… der Campingplatz am Golo bei dem Blinden ist uns daher eigentlich kaum in Erinnerung, denn am nächsten Tag nach der Befahrung des obersten Golo für die wir ca. 7 Stunden brauchten und wir fast jede Kurve überholt wurden, wurde es noch später. Der oberste Golo blieb auf den ersten Kilometern hauptsächlich durch seine Trockenheit in Erinnerung. Zahlreiche Nebenbäche füllten den Bach jedoch allmählich und so zeigte der Golo im Verlauf seiner knapp 10km seine vielen Gesichter: Grundgesteinsrutschen, Stufen, verblockte Katarakte. Die Doppelstufe provoziert dann das Double-Feature: zweiter Tag, zweiter Schwimmer. ;-)
Nach den anstrengenden ersten beiden Tagen gönnten wir uns am Mittwoch daher erst einmal eine entspannte WW 3-4 Tour durch die wunderschöne, leichte und schnelle Tavignano-Schlucht mit dem hehren Plan, danach noch ganz viel Zeit zu haben um ans Meer zu fahren, einen schönen Campingplatz zu suchen und am nächsten Tag einen Ruhetag einzulegen, am Meer zu chillen etc...
Der erste Plan funktionierte ja noch ganz gut - bei strahlendem Sonnenschein (also noch im hellen) luden wir wieder Boote und starteten gen Süden. Teil 2 (Zeit haben und einen schönen Campingplatz suchen) scheiterte daran, dass die gefühlten 75 Campingplätze, die wir in den nächsten Stunden ansteuerten so früh im Jahr leider noch geschlossen hatten und mit chillen am Meer war dann bei einsetzender Dunkelheit und ziemlich un-chilliger Kälte dann auch nichts mehr als wir den einzigen offenen Zeltplatz an der Südostküste bezogen.
Den nächsten Tag nutzten wir, um mit zwei Bikes den Fium Orbo von der Straße aus zu erkunden, den wir am übernächsten Tag nach dem Travo paddeln wollten. Die Befahrung des letzteren ist nur freitags und montags erlaubt und ein Ostermontag auf dem Travo schien uns dann doch eher der Vorhof zur Hölle zu sein als eine entspannte Erstbepaddelung. Auf den (für uns ersten) letzten fünfhundert Metern kam uns am Fium Orbo bereits ein wohlbekanntes Nordlicht entgegengeschlendert auf dem Weg vom Fahrtabbruch zum Auto – heute deutlich kleinlauter als noch am Abend zuvor, als er auf dem Zeltplatz Kontakt zu uns aufnahm… die Jungs mussten wohl einsehen, dass der Fium sie doch ein wenig mehr forderte, als sie erwartet hatten – den zweiten Teil hoben sie sich dann für später auf.

Der Travo am Karfreitag stellte dann ganz sicher eines der Hightlights unseres Urlaubs dar – Felix brabbelte schon seit Tagen kaum etwas anderes als „Dom, Dom… von mir aus können wir alles umtragen… außer dem Dom!“ und hatte die Nacht vorher wahrscheinlich kaum geschlafen!
Zum schlafen kam er auf dem Bach dann allerdings auch nicht mehr – in einer Mischung aus verblockten Katarakten und Grundgesteinsrutschen zeigte der Travo eigentlich von Anfang an seinen anspruchsvollen Charakter. Der Dom selbst war wirklich zutiefst beeindruckend und so hielten wir uns an den drei wunderschönen Stufen eine kleine Ewigkeit auf. Felix war noch völlig gehypt, da wartete auch schon der nächste Spaß: Pröllerstufe umspringen und Boote vorher in den Fluss schmeißen. Danach öffnete sich die Travo Schlucht etwas und der Flusscharakter änderte sich hin zu verblockten und teilweise aufgrund des Wasserstandes auch etwas unsauberen Katarakten. Wir mussten vieles anschauen und so überholte uns Ron Fischer gleich zweimal. Auch sonst trafen wir wie immer eigentlich alle, die wir kannten und die man quasi täglich zweimal trifft wenn alle die Inselrunde in der gleichen Richtung machen… Peter Lindner, Uwe Extra, die Norweger – nur nicht die Nordlichter, huch, die wollten doch auch Travo paddeln? Aha, den unteren… alles klar, ja komm, dann bis später am C-Platz, Alter!


Der Fium Orbo am Samstag war nach der Besichtigung per Bike, der Länge von nur etwa 3-4 km und einem gänzlich anderen Charakter als der Travo dann eigentlich eine relativ schnelle aber durchaus auch sehr lohnende Angelegenheit. Drei markante Kernstellen erfordern Anschauen und ggf. Umtragen, das wenige Wasser führte auch hier zu deutlich unsauberen Abschnitten als bei ein paar Kubik mehr – der Rest war meist auf Sicht zu fahren. Die Umtragung des Schlitzes mit schönem Klippenstart machte wahrscheinlich mehr Spaß als dort unschön hängen zu bleiben oder sich anzuschlagen – danke noch mal an unseren Neoprenfahrer, der erst den Trockenanzugfahrern beim Einsteigen hilft um dann selbstlos sein Boot ins Wasser zu schmeißen und hinterher zu schwimmen ;-)
Die Videoauswertung des Herren- und des Damenlaufs der letzen Kernstelle ist noch in vollem Gange – sicher ist nur, dass beide Fahrer im Gegensatz zu Nordlichtern KEINEN Stein touchiert haben, obwohl man munkelt, einer von beiden habe eine blutige Nase gehabt… aber das sind natürlich bloß unbestätigte Gerüchte.

Nun war das schöne Wetter der ersten Tage erst einmal vorbei und am Sonntag schüttete es während unserer Überfahrt über die Berge auf dem Weg zum Codi - frecherweise hatte dieser trotzdem zu wenig Wasser für eine Befahrung und nach einiger Beratschlagung ging es weiter zum mittleren Taravo. Wider Erwarten zumindest auf den ersten zwei Dritteln ein wirklich schöner und sportlicher Bach – stets mit einem langen Hals zu fahren, der vor allem endlich einmal voller Wasser war! Die letzten Kilometer zogen sich dann leider etwas, am Ausstieg begrüßte uns Hagel und zum Glück auch unser Shuttlebunny mit Loch im Finger.
Als wir in der Bucht von Propriano bei unserem Campingsplatz ankamen hatte es sich dann zum Glück auch schon wieder ausgeregtet… in den warmen Duschen allerdings leider auch. Dafür regnete es in den nächsten Tagen je nach Wind immer mal wieder etwa kinderkopfgroße Kiefernzapfen, was oftmals zu schlachtfeldartigen Szenen führte: ein Sirren kündigt den nahenden Einschlag an, Schrecken macht sich breit auf den Gesichtern, jeder lässt fallen, was er gerade in Händen hält, wirft sich auf den Boden und hält sich wimmernd die Hände über den Kopf… ehrlich! Verluste durch Zapfeneinschlag gab es allerdings nicht zu beklagen, die Nordlichter, die zielsicher jedes Missgeschick wie ein Magnet anziehen waren nämlich auf dem Nachbar-C-Platz und die Beule war im Habitat eh schon drin…

Der Codi sollte uns am Ostermontag auf den Rizzanese einstimmen – mit seinen zahlreichen Rutschen und Wasserfällen quasi auf die Vertikale vorbereiten. Leider verleidete hier die geringe Wasserführung den meisten Spaß und führte zu endlosen und anstrengen den Umtragungen von Ellenbogen-fressenen Schlitzen und eingefallenen schlitzartigen Stufen. Einige imposante Rutschen und Stufen blieben zum Glück – unvergessen sind Felix’ und Michi’s Stunts die große Rutsche herunter. Seitdem wissen wir: verkehrt herum drehen und unten kopfüber einschlagen sieht zwar schmerzhaft aus – gibt aber nur Abzüge in der B-Note.

So, nun also der Rizzanese. Bereits während des Umsetzen der Autos kam Aufregung auf: erst passierte das Jahrhundert-Ereignis der Region (der Null-Bock-Esel drehte sich um), dann konnten zwei Laster die riesige Rohre geladen hatten (höchstwahrscheinlich für das Rizzanese-Kraftwerk) die Brücke nicht passieren, weil ein Konstanzer Kleinwagen die Kurve zuparkte. So fanden wir uns wieder in Kollaboration mit dem Feind… vier Mann, vier Ecken, so ein Kleinwagen ist ziemlich schnell beiseite gelupft und das Rizzanese-Kraftwerk wieder ein Stück näher am Ziel L
So, nun aber auf den Bach… knapp 500m waren bezwungen, dann gab es leider auch schon die ersten Verluste zu beklagen. Wegen einer Verletzung entschieden wir uns für einen Fahrtabbruch.
Die zwei Quoten-Turteltäubchen, die noch die verbleibenden Boote geborgen hatten, standen dann noch so versunken am Peschel-Schreck herum (einem Wasserfall, der eigentlich eher nicht befahren wird), als eine Dreiergruppe kam, sich die Sache kurz ansah und dann flog auch schon der erste in aus ca.7m Höhe den Wasserfall runter und direkt in die Wand. Sah echt unschön aus. Er verschwand ewig samt Boot im Rücklauf unten in der Ecke. Nach langer Zeit war mal wieder sein Kopf zu sehen, dann wieder weg. Irgendwann kam erst Paddel, dann Auftriebskörper, dann Boot und schließlich Mensch rausgeschwommen. Nachdem wir erst den verletzten Schwimmer, dann Paddel und den Rest seiner Ausrüstung aus dem Wasser gefischt hatten, erkannten wir ihn: das Phantom der Alpen, F. L., der wohl seit 20 Jahren nicht mehr geschwommen ist!Wir haben ihn dann noch zu seinem Auto gefahren - ins Krankenhaus wollte er nicht, wegen zwei gebrochener Rippen braucht man schließlich nicht zum Arzt...

Am nächsten Tag entspannten wir uns auf dem leichteren unteren Teil des Rizzaneses, während sich zwei der Gruppe sich in Bonifacio touristisch betätigten.

Am Donnerstag war bereits unser vorletzter Paddeltag gekommen – der mittlere Rizzanese sollte nun doch im zweiten Versuch bezwungen werden, allerdings nur von einer kleinen Vierertruppe. Dass dieses Kleinod ab 2011 einem Kraftwerksprojekt zum Opfer fallen wird gehört wirklich zum traurigen Teil dieser Geschichte. Der Rizzanese war sicherlich neben dem Travo der zweite wildwassertechnische aber auch landschaftliche Höhepunkt unseres Korsika-Besuchs.
Eigentlich hatten wir nie vorgehabt den berühmten 10m-Wasserfall zu befahren – zu kostbar schien uns unsere Wirbelsäule. Aber als wir dann nach erfolgreicher Befahrung bereits des ersten, ca. 6m hohen Wasserfalls an der Kante standen, kam er uns irgendwie gar nicht mehr so schlimm vor…
Eine Gruppe von meist Old-School-Fahrern stürzte sich reihenweise in T-Stil-Haltung den Fall herunter, die einen landeten flach, die anderen schienen sich noch metertief in den Pool zu bohren – aber alle tauchten auf und jubelten und keinem schien etwas weh zu tun.
So gut ging es unserem Boofmaster allerdings nicht – aus 10m Höhe gegen die Felswand zu fliegen ist halt doch nicht soooo witzig (viele Grüße vom Knie, autsch).
Auch die zweite Hälfte des Flusses präsentierte sich weiterhin als wunderschön, anspruchsvoll und dennoch fast ausschließlich auf Sicht zu fahren. Viel zu schnell erreichten wir mit der großen bösen Baustelle den Ausstieg und setzten noch am gleichen Tag an den Tavignano-Campingplatz um.
Hier erwartete uns überraschenderweise ein Korsika-Festival und damit ein brechend voller Campingsplatz – den wir dennoch für die Zukunft als den besten aller von uns besuchten vormerken werden: hmmmmm, warme Duschen!!!!!
Den Abschluss unserer Tour bildete am Freitag der untere Vecchio und das anschließende Stück auf dem Tavignano bis zum Campingplatz, ein Abschnitt, der neugierig machte darauf, was der mittlere Vecchio wohl zu bieten haben würde? Korsika, wir kommen auf jeden Fall wieder!

2 Kommentare:

  1. Sehr, sehr schön und auch lustig geschrieben.
    Vielen Dank an die Autorin Karen.
    Felix

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  2. Servus,
    jo der ist echt cool geworden, auch wenn 2 weitere, Nicht-paddeltechnische erlebnisse weggelassen worden sind: Die Wissen vor 8 Sendungen und das kalte Bad im Mittelmeer von 3 harten Burschen, die auf Salzkartoffeln stehen.
    Ach ja unser Matrose ausm Norden vekauft sein Habitat für 780€!"Selbstverständlich einige Gebrauchsspuren nach Gebrauch. Keine großen Kratzer oder Beulen"...jetzt nicht mehr aber inWirklichkeit waren 2 drin, den neuen Besitzer wirds freuen:-)
    Ciao,
    Marcel

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